Randonneurs Traum

2015. ein Paris-Brest-Paris-Jahr. vor 4 jahren fuhr ich meine ersten brevets. seitdem habe ich sehr unterschiedliche erfahrungen in dieser art, zu reisen, gesammelt. dieses PBP werde ich wohl ganz anders erfahren, als vor 4 jahren. keine fahrt ist mit einer anderen vergleichbar.
seit 3 jahren treibt mich der gedanke um, auch einmal, nach touren im Weserbergland, Brandenburg, Tschechien, einen längeren brevet in Frankreich zu fahren, am alpenrand. ich melde mich also dieses jahr in Freiburg/Breisgau an, angefixt von der tollen beschreibung dieses brevets auf der website des ARA Breisgau.  da plätze auf diesem brevet begehrt sind, melde ich mich frühzeitig anfang januar an, mit dem gedanken, für die 6000 Hm einiges an training absolvieren zu müssen. knapp 5 monate später in der vorbereitung vor meiner anfahrt bin ich trotz diverser bergfahrten etwas unsicher über mein durchhaltevermögen, schließlich habe ich mir auch vorgenommen, eine „gute“ zeit zu fahren. als ich die roadmap erhalte, versuche ich realistische passagezeiten der kontrollstellen zu ermitteln, in der hoffnung, diese halten zu können.

am freitag, anfahrt mit der bahn, ist schon klar, das wochenende wird heiß. gut, besser als zu kühl, vor den nächten auf dem Jura war ich gewarnt. entsprechende kleidung gehört außerdem immer ins gepäck. in der nacht dann heftige gewitter.

samstag. keinerlei abkühlung. morgens im Augustiner, dem startpunkt, ein leckeres frühstück. kurzes briefing.
in 3 gruppen á 30 fahrern und mit jeweils 10 min abstand gehen wir auf den trip. sehr angenehm, kein unangehehm schneller start, eher gemütlich geht es richtung Rhein. bei Fessenheim queren wir ihn, um dann am fluss entlang richtung süden zu rollen. mäßiger gegenwind verspricht für die morgige rückkehr schiebewind. die gruppe läuft, nach 2 stunden sind alle meine bedenken weggeblasen. jetzt wird es heiß; nach der ersten kontrolle sind wir schon in der Schweitz, was ich nur daran merke, daß die kassiererin im supermarkt mir auf meine Euros Franken rausgibt. für die nächsten 100 km stehen längere anstiege zum „Vue des Alpes“ auf 1250 m an. logischerweise bilden sich jetzt andere grüppchen, je nach gewicht, möchte man meinen. die meisten kennen das terrain und gehen es wegen der länge des ansiegs gemächlich an. die landschaften wechseln häufiger, wir stossen auf auf den lauf des Doubs, dem wir eine weile entspannt folgen. als wir seine ufer verlassen, geht es in mehreren wellen zum höchsten punkt unseres brevet. wenn wir, was jetzt häufiger der fall ist, in der immer noch prallen sonne kurbeln, geht mein thermometer auf 40°. ohne die vielen quellen und dorfbrunnen wären wir kaum in der lage, dieser hitze zu trotzen. um 19 uhr bin ich oben. ein wetterkundiger mitfahrer hatte mich schon gewarnt, von dem alpenblick werde man oben nichts sehen, bei dieser wetterlage ist es dunstig. so.
das titelbild ist also gelinde gesagt meiner fantasie entsprungen.

so. also gut 200 km mit 3000 hm geschafft. eine längere solo-abfahrt bringt mich bis dunkelwerden bis nach Pontarlier, wo ich leider nur noch einen döner offen finde; immerhin kann ich mich hier auf die nacht vorbereiten.
die folgende strecke bis K4 ist flach und verdauungsfreundlich, links von mir kommen wetterleuchten näher, da ich aber bald meinen kurs von der zugrichtung weg ändern werde, nehme ich das als unterhaltung. die kommt dann anders als gedacht, beim Ortsschild Champagnole, an dessen rückseite aufkleber stecken, die eingeklebt in die brevet-karte den nachweise der passage dokumentieren, fängt es an zu tröpfeln. es wird heftiger, ich gehe in die regenklamotten, da hört es natürlich gleich wieder auf. 30 min später, bei einem der nun die ganze nacht andauernden anstiege von immer wieder 200-250 hm, vorher schon als endlose kaugummihügel avisiert, ich durchfahre gerade eine kurve, blitzt es mich aus der nähe an. eine am wegesrand warum auch immer parkende autofahrerin ruft mir noch ein „bon courage“ zu, da geht sie auch schon los. die sintflut. ich habe tatsächlich unglaubliches glück, in diesem moment passiere ich eins der seltenen gehöfte in dieser einsamen gegend, noch besser, kein hund schlägt an. direkt an ein scheunentor gepresst wettere ich das schlimmste ab. mittlerweise ist die nacht halb rum, bei leichtem gepiesel und schmiergelnden bremsen mache ich mich wieder auf. auf und ab und auf und ab und. bei erstem licht sehe ich in der ferne einen sich entwickelnden waldbrand, ich hoffe, die feuerwehr ist gerufen. 10 min später kommen mir deren fahrzeuge entgegen. nun ist es nicht mehr weit bis zur kontrolle in Gonsans, genialerweise eine boulangerie artesan, ich frühstücke draußen im stehen, als draufgabe ein eclaire (köstlich, aber was ist nicht köstlich nach durchfahrener nacht), leider kein café, eine boulangerie ist kein café (!) ich trinke ihn mit wonne nach 20 km in Baume le Dames; hier begegne ich auch wieder auf den Doubs, der sich wohl über nacht in langer schleife hierher gewunden hat. toll.
nach einer langen pause bin ich bereit für die restlichen 200 km. schlafen werde ich nicht, ich bin überwach. kurz vor der nächsten kontrolle in Vesoul fahren 4,5 randonneure auf, ab jetzt fahren wir mit unterbrechungen zusammen bis Freiburg. die landschaft wird zusehends flacher, felder, wiesen, wald wechseln sich ab. der wind hat nach der gewitterfront in der nacht allerdings auf nord gedreht, gegen nachmittag wird er heftig, unsere gruppe hält sich aber gut. um 18 uhr passieren wir den Rhein, nach kurzer pause an der letzten kontrolle erreichen wir um 19:30 Freiburg.
fazit: superstrecke, nette mitfahrer, wunschwetter tagsüber, nachts nur naß aber nicht kalt. eigene zeitvorgaben perfekt eingehalten. traumhaft.